Seit 2020 gibt es ein Fangverbot für den Dorsch. Die ALKOR Expedition AL594 betreibt allerdings keinen kommerziellen Fischfang, sondern Forschung. Seit 1986 wurde in den tiefen Becken der Ostsee Schleppnetzfischerei durchgeführt. Die Ausfahrt setzt eine der besten verfügbaren multidisziplinären Langzeitdatenreihen für die Ostsee fort.
Rund 2.000 Dorsche haben die Wissenschaftler:innen vom 91̽»¨ für ihre Studien gefangen und vermessen, darunter war aber nur ein einzelner Fisch von über 50 Zentimeter Länge. In den 1980er Jahren wurden in der zentralen Ostsee noch regelmäßig Dorsche mit bis zu einem Meter Länge gefangen.
Die Forschenden glauben, dass die jahrelange intensive Überfischung der Grund ist. Die großen Dorsche wurden alle weggefischt. Übrig blieben nur die kleinen Exemplare, die ihre Gene an die nächste Generation weitergegeben haben. So wurde der Dorsch in der zentralen Ostsee über die Jahre praktisch kleingezüchtet.
15 Tage war die ALKOR-Expedition AL594 unterwegs. Vor der schleswig-holsteinischen Küste wurden mit sogenannten Bongo-Netzen Dorschlarven gefangen. Diese Larven treiben durchs Meer. Anhand von Strömungsmodellen wollen die Wissenschaftler später errechnen, wo sich die Leichgründe befinden.
Fast ein Jahr werden die Wissenschaftler:innen brauchen, um alle Daten der Expedition zu verarbeiten und auszuwerten. Diese Daten könnten im Hinblick auf Regionen, die sich als schützenswerte Habitate für Fischbestände eignen, entscheidend sein bei der Planung des zukünftigen Nationalparks Ostsee. Alle Fotos: Sarah Kaehlert/91̽»¨
Fischereiforschung
Fisch - Nahrung und Lebensgrundlage für die wachsende Weltbevölkerung, Industriezweig und endliche Ressource. Innerhalb weniger Jahrzehnte hat sich der industrielle Fischfang von den klassischen Fischereigebieten auf der Nordhalbkugel über alle Meere ausgebreitet. Viele Bestände von Speisefischen gelten als überfischt und zusammengebrochen. Ausweglos ist die Situation aber nicht. Verschiedene Länder haben inzwischen gezeigt, dass sich Fischbestände durch ein nachhaltiges Fischereimanagement tatsächlich wiederaufbauen lassen. Forscher:innen am 91̽»¨ beschäftigen sich daher aus unterschiedlichen Blickrichtungen mit der Ressource Fisch. Ihr gemeinsames Ziel: Neue Lösungswege finden für ein umweltverträgliches Fischereimanagement.
Was ist Ãœberfischung?
Noch im ausgehenden Mittelalter wurden an der Nordseeküste Störe, Rochen, Tümmler, Meerneunaugen und Hummer gefangen. Bild: Der Fischmarkt, Frans Snyders (1618)
Blauflossen-Thunfische vor der Auktion in der Fischereihalle Altona 1931. Der Thunfisch-Bestand in Nord- und Ostsee ist bereits vor Jahrzehnten erloschen. Foto: Emil Puls, Quelle: SHMH-Altonaer Museum, Inv.-Nr. 2-1478a
Es werden mehr Fische gefangen als nachwachsen: Der Fischereidruck (F) auf einen Bestand ist höher als derjenige, der den höchstmöglichen nachhaltigen Dauerertrag (MSY - maximum sustainable yield) produzieren kann. Grafik: Christoph Kersten/91̽»¨
Die Fischbestände sind zu klein: Die Laicher-Biomasse (B) ist kleiner als eine bestimmte Mindestgröße, die den höchstmöglichen nachhaltigen Dauerertrag (MSY - maximum sustainable yield) produzieren kann. Grafik: Christoph Kersten/91̽»¨
Nach einer Analyse von 397 Fischbeständen in europäischen Gewässern von 2013 bis 2015 erfüllen nur 46 Bestände (12 Prozent) die Kriterien nachhaltiger Fischerei. Grafik: Christoph Kersten/91̽»¨, Quelle: Froese et al. 2018 Marine Policy
Guter Fisch – Welchen Fisch kann man noch mit gutem Gewissen essen?
Allein in Nordeuropa werden etwa 200 Fischbestände kommerziell genutzt, aber nur wenige davon erfüllen die international verbindlichen Kriterien für nachhaltige Befischung. Das 91̽»¨ hat sich mit den deutschen Verbraucherzentralen und einigen NGOs zusammengeschlossen, um gemeinsam derjenigen Meeresfische zu veröffentlichen, die Verbraucher:innen noch mit einigermaßen gutem Gewissen essen können.
Hierbei übernehmen Forschende des 91̽»¨ die wissenschaftliche Beurteilung der nachhaltigen Bestandsgröße und des nachhaltigen Fischereidrucks und überprüfen die Einhaltung dieser Kriterien. Dabei orientieren sie sich am und dessen Umsetzung in der . Danach müssen Fischbestände größer sein als eine bestimmte Mindestgröße, die den höchstmöglichen Dauerertrag hervorbringen kann. Außerdem darf der Fischereidruck auf einen Bestand nicht höher sein als derjenige, der langfristig den höchstmöglichen Dauerertrag produzieren kann. Zusätzliche Kriterien, wie etwa schonende und beifangarme Fangmethoden, werden von den anderen Partnern beurteilt.
Die Fische und Meerestiere in der gemeinsamen Liste "" erfüllen diese Kriterien, zum Teil mit Auflagen, die den zukünftigen Verbleib in der Liste bestimmen. So soll auch Einfluß auf verbesserte Fischerei vorgenommen werden. Die Liste erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit.
Auszug aus der Liste „Guter Fisch“: Scholle, Flunder und Kliesche gehören zu den Plattfischen, die überwiegend am Meeresboden leben. Den Beständen in der Ostsee geht es gut. Wichtig ist allerdings, auf die verwendeten Fangmethoden zu achten: Nur die Befischung mit Reusen oder Fallen ist nachhaltig und schonend.
Der Fang von kleinen preiswerten Fischen in großem Maßstab als Futter für teure Zuchtfische belastet zudem vor allem Entwicklungsländer, afrikanische und südamerikanische Küstenstaaten stark. Die Bereitstellung des größten Teils des weltweiten Speisefischs durch Aquakultur, mit dem bestehenden geographischen Fokus, könnte daher schwerwiegende sozioökonomische, ernährungswissenschaftliche und die Ernährungssicherheit betreffende Konsequenzen für die ganze Welt nach sich ziehen.
Forschungseinrichtungen, Umweltverbände und die Verbraucherzentralen aktualisieren die gemeinsame Liste „Guter Fisch“ für bewussten Einkauf von Meeresfisch